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Urteil Versicherungsgericht (SG)

Zusammenfassung des Urteils AVI 2013/74: Versicherungsgericht

Die Beschwerdeführerin hat sich beim RAV zur Arbeitsvermittlung angemeldet und bei der UNIA Arbeitslosenkasse Arbeitslosenentschädigung beantragt, da sie per sofort von ihrem Arbeitgeber, der C. AG, gekündigt wurde. Die UNIA lehnte den Antrag ab, da kein anrechenbarer Arbeitsausfall bestehe. Die Beschwerdeführerin erhob Einspruch, der jedoch abgelehnt wurde. Es stellte sich heraus, dass die Beschwerdeführerin ab dem 23. August 2013 keine Arbeit mehr hatte, obwohl sie formell erst am 9. Oktober 2013 gekündigt wurde. Das Gericht entschied teilweise zu Gunsten der Beschwerdeführerin und wies den Fall zur weiteren Abklärung an die Beschwerdegegnerin zurück. Die Gerichtskosten werden nicht erhoben und die Beschwerdeführerin erhält eine Parteientschädigung von CHF 3'000.-.

Urteilsdetails des Kantongerichts AVI 2013/74

Kanton:SG
Fallnummer:AVI 2013/74
Instanz:Versicherungsgericht
Abteilung:AVI - Arbeitslosenversicherung
Versicherungsgericht Entscheid AVI 2013/74 vom 18.12.2014 (SG)
Datum:18.12.2014
Rechtskraft:-
Leitsatz/Stichwort:Entscheid Art. 8 Abs. 1 lit. b AVIG. Arbeitsverhältnis auf Abruf: Prüfung des anrechenbaren Arbeitsausfalls ab definitiver Beendigung der Arbeitszuweisung wegen Arbeitsmangels. Ermittlung der Normalarbeitszeit bei Beschäftigungsschwankungen innerhalb der nach der Bundesgerichtspraxis zulässigen Bandbreite. Anrechenbarer Verdienstausfall offen gelassen. Anwendung des Zweifelsfallverfahrens nach Art. 29 AVIG bei allenfalls bestehenden Lohnfortzahlungsansprüchen gegenüber der ehemaligen Arbeitgeberin. Anspruch auf unentgeltliche Rechtsverbeiständung im Verwaltungsverfahren gegeben (Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 18. Dezember 2014, AVI 2013/74).Vizepräsidentin Marie-Theres Rüegg Haltinner, Versicherungsrichterin Marie Löhrer,a.o. Versicherungsrichter Christian Zingg; Gerichtsschreiberin Jeannine Bodmer
Schlagwörter : Arbeit; Arbeitgeber; Arbeitgeberin; Kündigung; Einsprache; Abruf; Arbeitsverhältnis; Ferien; Einspracheentscheid; Anspruch; Arbeitsausfall; Quot; Arbeitslosenentschädigung; Verfügung; Arbeitszeit; Beschäftigung; Person; Stunden; Verdienstausfall; Rechtsverbeiständung; Kündigungsfrist; Begründung; Verfahren; Hinweis
Rechtsnorm:Art. 324 OR ;
Referenz BGE:107 V 61; 125 III 68; 125 V 414; 125 V 42; 130 I 183;
Kommentar:
-

Entscheid des Kantongerichts AVI 2013/74

Entscheid vom 18. Dezember 2014

in Sachen

  1. ,

    Beschwerdeführerin,

    vertreten durch Rechtsanwalt lic. iur. Daniel Ehrenzeller, Engelgasse 214, 9053 Teufen,

    gegen

    UNIA Arbeitslosenkasse Kompetenzzentrum D-CH Ost, Strassburgstrasse 11, Postfach, 8021 Zürich 1,

    Beschwerdegegnerin,

    betreffend

    Arbeitslosenentschädigung und unentgeltliche Rechtsverbeiständung im Verwaltungsverfahren

    Sachverhalt:

    A.

    1. A. meldete sich am 26. August 2013 beim Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) B. zur Arbeitsvermittlung an (act. G 3.1/149) und stellte am 12. September 2013 (Datum Eingang am Schalter) bei der UNIA Arbeitslosenkasse Antrag auf Arbeitslosenentschädigung, da ihr die Arbeitgeberin, die C. AG, am 23. August 2013 wegen Arbeitsausfall per sofort gekündigt habe (act.

      G 3.1/153 ff., vgl. auch act. G 3.1/163). Die Arbeitgeberin bestätigte in der Arbeitgeberbescheinigung vom 4. September 2013, dass der Arbeitsplatz der Versicherten ab 26. August 2013 wegen mangelnden Auftragseingangs bis auf Weiteres still gelegt worden sei. Es sei (aber) keine Kündigung erfolgt (act. G 3.1/160).

    2. Mit Verfügung vom 27. September 2013 lehnte die UNIA den Antrag der Versicherten auf Arbeitslosenentschädigung ab 26. August 2013 ab, weil kein anrechenbarer Arbeitsund Verdienstausfall bestehe. Da sie in einem Arbeitsverhältnis auf Abruf tätig sei, werde die Arbeit jeweils nur auf Aufforderung des Arbeitgebers aufgenommen. Dabei gelte die gegenseitig vereinbarte Arbeitszeit als normal. Während der Zeit, da Arbeitnehmende nicht zur Arbeit aufgefordert würden, liege versicherungsrechtlich kein anrechenbarer Arbeitsund Verdienstausfall vor. Wenn die Arbeit auf Abruf während 12 Monaten regelmässig geleistet werde, könne ein anrechenbarer Arbeitsausfall angenommen werden. Bedingung sei, dass die Beschäftigungsschwankungen im Verhältnis zu den im Monatsdurchschnitt geleisteten Arbeitsstunden nicht mehr als 20% abweichen würden. Bei der Versicherten werde die

      zulässige Beschäftigungsschwankung von 20% in den Monaten November 2012,

      Januar 2013, März 2013 und Juli 2013 überschritten (act. G 3.1/124 f.).

    3. Mit Schreiben vom 9. Oktober 2013 kündigte die Arbeitgeberin der Versicherten das Arbeitsverhältnis auf Abruf unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist auf den 30. November 2013. Dies sei nötig, weil sich die Situation im textilen Bereich so sehr verschlechtert habe, dass sogar für die restliche Belegschaft per 7. Oktober 2013 habe Kurzarbeit angemeldet werden müssen (act. G 3.1/122). Die Versicherte teilte der UNIA die Kündigung am 15. Oktober 2013 (Eingang UNIA) schriftlich mit (act.

G 3.1/121). B.

    1. Gegen die Verfügung vom 27. September 2013 liess die Versicherte am 25. Oktober 2013 durch Rechtsanwalt lic. iur. D. Ehrenzeller, Teufen, Einsprache erheben. Zur Begründung machte er geltend, es gehe aus den Lohnblättern klar hervor, dass ab September 2012 eine Vollbeschäftigung stattgefunden habe. Die Schwankungen seien primär durch den Ferienbezug verursacht. Zudem habe die Beschäftigung bereits ab dem 26. August 2013 aufgegeben werden müssen, was mit Schreiben der Arbeitgeberin vom 23. August 2013 angekündigt worden sei. Laut diesem habe der Arbeitsplatz der Versicherten "bis auf Weiteres nicht mehr besetzt werden" können (act. G 3.1/113 f.). Mit Ergänzung zur Einsprache vom 28. Oktober 2013 teilte der Rechtsvertreter der UNIA mit, dass die Versicherte im März 2013 ihren Vater in D. besucht und nach einer Operation während einer Woche gepflegt habe. Zudem habe sie im Juli und August 2013 Ferien bezogen, weshalb es folglich zu Lohnschwankungen gekommen sei (act. G 3.1/105). Nach Einsicht in die Unterlagen hielt der Rechtsvertreter mit Schreiben vom 11. November 2013 an seiner Begründung fest (act. G 3.1/102).

    2. Mit Einspracheentscheid vom 27. November 2013 wies die UNIA die Einsprache und das Gesuch um unentgeltliche Prozessführung und Zuteilung eines unentgeltlichen Rechtsbeistands ab. Sie wies darauf hin, dass sich der Entscheid allein auf den Verfügungsgegenstand beziehe. Es stehe fest, dass die Versicherte mit der Arbeitgeberin einen Abrufvertrag eingegangen sei. Die Kündigung sei am 9. Oktober

2013 per 30. November 2013 erfolgt. Bis zu diesem Datum seien die Arbeitgeberin und die Versicherte in der Disposition frei gewesen, Arbeiten zuzuordnen abzulehnen. Dass ab 26. August 2013 keine Arbeit mehr geleistet worden sei habe geleistet werden können, sei in diesem Kontext unerheblich. Es wäre der Versicherten frei gestanden nach der Mitteilung, dass es keine Einsätze mehr gebe, selber zu kündigen die Kündigung zu verlangen. Da bei der vorliegenden Arbeit auf Abruf die höchstzulässige 20%ige Abweichung in den Monaten Juli und März 2013 unterund in den Monaten April und Januar 2013 sowie November 2012 überschritten werde, könne ab September 2012 nicht von einer Vollbeschäftigung bzw. einer Normalarbeitszeit ausgegangen werden und es sei keine Arbeitslosenentschädigung geschuldet. Hinsichtlich des Gesuchs um unentgeltliche Rechtsverbeiständung hielt die UNIA fest, dass dieses bereits an der fehlenden Notwendigkeit einer Rechtsvertretung und der Aussichtslosigkeit der Beschwerde scheitere, weshalb die Prüfung der Voraussetzung der finanziellen Bedürftigkeit offen bleiben könne (act. G 3.1/35 ff.).

C.

    1. Gegen diesen Einspracheentscheid richtet sich die vom Rechtsvertreter der Ver sicherten am 12. Dezember 2013 in ihrem Namen eingereichte Beschwerde mit dem Antrag auf Aufhebung des Einspracheentscheids und Feststellung der grundsätzlichen Anspruchsberechtigung der Beschwerdeführerin mit Wirkung ab 26. August 2013 sowie auf Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung für das durchgeführte Einspracheverfahren. Zudem beantragte sie die Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung inklusive Verbeiständung für das Beschwerdeverfahren; unter Kostenund Entschädigungsfolgen. Zur Begründung machte der Rechtsvertreter geltend, es sei unzulässig festzuhalten, dass sich der Einspracheentscheid allein auf den Verfügungsgegenstand beziehen könne und es unbeachtlich bleibe, dass die Versicherte "inzwischen in gekündigter Stellung" sei. Die Begründung sei schon deshalb unzulässig, weil die Kündigung im Zeitpunkt des Einspracheentscheids vom

      27. November 2013 längst aktenkundig gewesen sei. Das Arbeitslosenkassenverfahren sei immer ein rollendes Verfahren, wo neue Gesichtspunkte laufend zu berücksichtigen seien, andernfalls die Beschwerdeführerin ja ein neues Gesuch hätte stellen müssen.

      Weiter sei das Ausbleiben des Abrufs ab dem 26. August 2013 am 23. August 2013

      klar mitgeteilt worden, und ein anrechenbarer Arbeitsausfall sowie ein

      Entschädigungsanspruch bestünden daher trotz der erst am 9. Oktober 2013 erfolgten Kündigung bereits ab dem 26. August 2013. Die von der Beschwerdegegnerin errechneten "Schwankungen" seien klar zuzuordnen. So liege der Arbeitsausfall im März 2013 nicht im Abrufverhältnis begründet, sondern darin, dass der Vater der Beschwerdeführerin krank gewesen sei und sie ihn in D. besucht habe. Auch im Juli 2013 müssten die Schwankungen durch die Feriengeld-Entschädigung aufgefüllt werden. Zusammenfassend sei daher von einem Entschädigungsanspruch ab 26. August 2013, eventualiter spätestens ab dem Erhalt der Kündigung am 9. Oktober 2013, auszugehen, da mit einem nochmaligen Abruf innerhalb der Kündigungsfrist überhaupt nicht zu rechnen gewesen sei (act. G 1).

    2. Mit Beschwerdeantwort vom 13. Januar 2014 beantragte die Beschwerdegegnerin die Abweisung der Beschwerde. Bezüglich der Begründung verwies sie auf den Einspracheentscheid vom 27. November 2013 sowie die Kassenverfügung vom

      27. September 2013 (act. G 3).

    3. Mit Eingabe vom 10. Februar 2014 verzichtete der Rechtsvertreter auf eine eigentliche Replik. Er hielt jedoch fest, dass das weiterhin mit der Arbeitgeberin bestehende Arbeitsverhältnis betreffend Reinigungsarbeiten im Umfang von 8 - 10 Stunden pro Monat nichts mit dem Hauptarbeitsverhältnis zu tun habe. Es handle sich um eine geringe Nebenbeschäftigung, welche die Beschwerdeführerin auch beim Antreten einer neuen Stelle weiter ausführen könnte, da diese vor allem zu Randzeiten am Wochenende ausgeübt werde (act. G 7).

    4. Am 9. Mai 2014 reichte die Beschwerdeführerin ein Schreiben der Beschwerdegegnerin vom 7. Mai 2014 ein, wonach der Anspruch auf Arbeitslosentaggelder ab 1. Dezember 2013 anerkannt wurde (act. G 9, 9.1).

Erwägungen:

1.

Im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren sind grundsätzlich nur Rechtsverhältnisse zu überprüfen bzw. zu beurteilen, zu denen die zuständige Verwaltungsbehörde vorgängig verbindlich in Form einer Verfügung - Stellung

genommen hat. Insoweit bestimmt die Verfügung den beschwerdeweise weiterziehbaren Anfechtungsgegenstand. Umgekehrt fehlt es an einem Anfechtungsgegenstand und somit an einer Sachurteilsvoraussetzung, wenn und insoweit keine Verfügung ergangen ist (vgl. BGE 125 V 414 E. 1a). Gegenstand der vorliegenden Beschwerde ist der Einspracheentscheid vom 27. November 2013 (act. G 3.1/35 ff.), welcher sich auf die Verfügung vom 27. September 2013 (act.

G 3.1/124 f.) bezieht. Laut dieser wurde ein Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ab dem 26. August 2013 verneint, weil kein anrechenbarer Arbeitsund Verdienstausfall bestehe. Somit ist vorliegend der Anspruch der Beschwerdeführerin auf Arbeitslosenentschädigung ab dem 26. August 2013 zu prüfen. Demgegenüber bleibt der Anspruch auf Leistungen ab 1. Dezember 2013 unbestritten, nachdem ihn die Beschwerdegegnerin mit Schreiben vom 7. Mai 2014 (act. G 9.1) anerkannt hat. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die weiterhin im Rahmen einer Nebenbeschäftigung ausgeführten Reinigungstätigkeiten für die Arbeitgeberin, welche unabhängig von der Haupttätigkeit ausgeführt wurden und werden, für die Frage des Anspruchs auf Arbeitslosenentschädigung vom Hauptarbeitsverhältnis abzugrenzen sind (vgl. auch act. G 7).

2.

    1. Der Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung setzt u.a. voraus, dass die versicherte Person ganz teilweise arbeitslos ist (Art. 8 Abs. 1 lit. a des Bundesgesetzes über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und die Insolvenzentschädigung [AVIG; SR 837.0]), wobei als ganz arbeitslos gilt, wer in keinem Arbeitsverhältnis steht und eine Vollzeitbeschäftigung sucht (Art. 10 Abs. 1 AVIG), während teilweise Arbeitslosigkeit u.a. dann vorliegt, wenn die versicherte Person eine Teilzeitbeschäftigung hat und eine Vollzeitoder weitere Teilzeitbeschäftigung sucht (Art. 10 Abs. 2 lit. b AVIG). Weiter ist vorausgesetzt, dass die versicherte Person einen anrechenbaren Arbeitsausfall erlitten hat (Art. 8 Abs. 1 lit. b AVIG). Der Arbeitsausfall ist gemäss Art. 11 Abs. 1 AVIG anrechenbar, wenn er einen Verdienstausfall zur Folge hat und mindestens zwei aufeinander folgende volle Arbeitstage dauert.

    2. Gemäss Rechtsprechung ist der Ausfall an normaler Arbeitszeit in der Regel auf

      Grund der im Beruf Erwerbszweig der versicherten Person allgemein üblichen

      Arbeitszeit zu ermitteln. Besteht hingegen eine besondere Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, bemisst sich die normale Arbeitszeit nach der persönlichen Arbeitszeit der versicherten Person. Wird die Arbeit vereinbarungsgemäss jeweils nur auf Aufforderung des Arbeitgebers aufgenommen, gilt im Allgemeinen die auf dieser besonderen Vereinbarung beruhende Arbeitszeit als normal, sodass Arbeitnehmer während der Zeit, da sie nicht zur Arbeit aufgefordert werden, keinen anrechenbaren Verdienstausfall erleiden (BGE 107 V 61 E. 1; ARV 1998 Nr. 20 S. 101 E. 2a, 1995 Nr. 9 S. 48 E. 2a mit Hinweis).

    3. Von diesem Grundsatz kann jedoch abgewichen werden, wenn der auf Abruf erfolgte Einsatz während längerer Zeit im Wesentlichen mehr weniger konstant war. In diesem Fall ist die effektiv absolvierte Arbeitszeit als normal zu betrachten. Der Beobachtungszeitraum kann dabei umso kürzer sein, je weniger die Arbeitseinsätze in den einzelnen Monaten schwanken; er muss umso länger sein, wenn die Arbeitseinsätze sehr unregelmässig anfallen wenn die Arbeitsdauer während der einzelnen Einsätze starken Schwankungen unterworfen ist (BGE 107 V 61 f. E. 1; ARV 1998 Nr. 20 S. 101 E. 2a mit Hinweisen).

3.

    1. Im Einspracheentscheid vom 27. November 2013 kam die Beschwerdegegnerin gestützt auf die Lohnangaben in den Lohn-Konto-Blättern 2012 und 2013 der Arbeit geberin zum Schluss, dass die monatlichen Abweichungen der Löhne in der Zeit von September 2012 bis August 2013 zu gross seien. So werde die höchstens zulässige Beschäftigungsschwankung von 20% in den Monaten Juli und März 2013 unterund in den Monaten April und Januar 2013 sowie November 2012 überschritten. Damit treffe das Argument der Beschwerdeführerin nicht zu, sie habe ab September 2012 eine Vollbeschäftigung gehabt (act. G 3.1/35). Die Beschwerdeführerin machte dagegen geltend, dass bereits auf Grund des Informationsschreibens der Arbeitgeberin betreffend den fehlenden Auftragseingang bzw. die fehlende Arbeit ein Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung bestehe. Eventualiter sei der Anspruch aber spätestens ab Erhalt der Kündigung am 9. Oktober 2013 zu bejahen, weil mit einem nochmaligen Abruf innerhalb der Kündigungsfrist überhaupt nicht zu rechnen gewesen sei (vgl. act. G 1 Ziff. 9 S. 7).

    2. Für das Arbeitsverhältnis auf Abruf bestand zwischen der Beschwerdeführerin und ihrer Arbeitgeberin ein schriftlicher Arbeitsvertrag. Dieser datiert vom 18. März 2011

      und hielt fest, dass die Anstellung als angelernte Zwirnerin erfolge, sie aber, wenn es der Geschäftsgang erfordere, auch eine andere angemessene Tätigkeit umfassen könne. Das Arbeitsverhältnis wurde als Teilzeit-Arbeitsverhältnis auf Abruf definiert und eine Kündigungsfrist von 1 Monat vereinbart. Die Ferien würden mit 8.33% entsprechend den gearbeiteten Stunden vergütet und entsprechend pro rata 4 Wochen je Kalenderjahr. Beginne ende das Arbeitsverhältnis im Laufe des Kalenderjahres, so erhalte der Arbeitnehmer für jeden Monat einen Zwölftel des jährlichen Ferienanspruchs errechnet über die geleistete Teilzeitarbeit (act. G 3.1/139 ff.). Im Schreiben der Arbeitgeberin an die Beschwerdeführerin vom 23. August 2013 bestätigte jene, dass der Arbeitsplatz infolge fehlender Zwirnaufträge ab Montag, 26. August 2013, bis auf Weiteres nicht mehr besetzt werden könne. Wie lange dieser Arbeitsausfall dauern werde, könne zurzeit nicht gesagt bzw. abgeschätzt werden, da der Auftragseingang nicht beeinflusst werden könne. Sollte sich die Auftragslage wieder bessern, werde die Beschwerdeführerin erneut zur Arbeit aufgeboten (act.

      G 3.1./163). In der Arbeitgeberbescheinigung vom 4. September 2013 hielt die Arbeitgeberin bezüglich der Dauer des Arbeitsverhältnisses fest: "vom 1.4.11/1.3.12 bis 29.9.11/23.08.13." Weiter gab sie an, es sei keine Kündigung erfolgt. Der Arbeitsplatz der Beschwerdeführerin sei ab dem 26. August 2013 bis auf Weiteres stillgelegt wegen mangelnden Auftragseingangs (act. G 3.1./160). Erst mit Schreiben vom 9. Oktober 2013 kündigte die Arbeitgeberin der Beschwerdeführerin das Arbeitsverhältnis unter Beachtung der einmonatigen Kündigungsfrist per 30. November 2013. Zur Begründung hielt sie fest, die Situation im textilen Bereich habe sich seit dem 26. August 2013 so sehr verschlechtert, dass sie für die restliche Belegschaft seit dem 7. Oktober 2013 sogar habe Kurzarbeit anmelden müssen. Die Nachfrage nach den eigenen Produkten sei sehr zurückgegangen, weshalb sie sich leider gezwungen sehe, das Arbeitsverhältnis auf Abruf unter Einhaltung der Kündigungsfrist per 30. November 2013 zu kündigen (act. G 3.1/122). Ab dem Schreiben vom 23. August 2013 wies die Arbeitgeberin der Beschwerdeführerin jedoch keine Zwirnarbeit mehr zu.

    3. Dieser Sachverhalt zeigt, dass für die Beschwerdeführerin nach dem 23. August 2013 keine Arbeit mehr vorhanden war. Dadurch, dass ihr aber überhaupt keine Arbeiten mehr zugewiesen wurden, ist das Schreiben vom 23. August 2013 mit einer

      faktischen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gleichzusetzen. Auch wenn der Beschwerdeführerin erst nachträglich formell gekündigt wurde, ergab sich für sie als Arbeitnehmerin bereits ab dem 23. August 2013 keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr. Allein die Tatsache, dass die Arbeitgeberin in der Hoffnung auf neue Kundenaufträge mit einer formellen Kündigung noch zuwartete, darf nicht zu Lasten der Beschwerdeführerin ausgelegt werden. Wie sich im für die vorliegende Beurteilung massgebenden Zeitpunkt des Einspracheentscheides vom 27. November 2013 zeigte, war die Beendigung der Arbeitszuweisungen entsprechend der Mitteilung vom 23. August 2013 definitiv. Da sich die Beschwerdeführerin ab 26. August 2013 zum Leistungsbezug bei der Arbeitslosenversicherung meldete, ist zu prüfen, ob sie sich im Sinne der zitierten Rechtsprechung auf einen anrechenbaren Arbeitsund Verdienstausfall berufen kann, was die Beschwerdegegnerin mit Verweis auf zu grosse Beschäftigungsschwankungen in Abrede stellt.

    4. Für die Ermittlung des Beschäftigungsumfangs in der zwölfmonatigen Beobachtungsperiode vor der Anmeldung, d.h. in den Monaten September 2012 bis August 2013, ist die Zahl der gearbeiteten Stunden anhand der im Lohnkonto 2012 und 2013 (act. G 3.1/147 und G 3.1/146) für die einzelnen Monate je eingetragenen Stundenlohnsummen (Position 101) zu eruieren, wobei der Stundenlohn (Grundlohn) Fr.

16.70 beträgt (vgl. Arbeitsvertrag S. 2, act. G 3.1/140, Lohnabrechnung August 2013, act. G 3.1/145). Für den Monat September 2012 ist zu Position 101 ein Krankentaggeld (Position 851) dazuzurechnen. Wie die nachfolgende Tabelle zeigt, leistete die Beschwerdeführerin als Zwirnerin 1880 Arbeitsstunden. Damit generierte sie einen Ferienanspruch von 156.6 Arbeitsstunden (1'880 x 8.33%). Die Beschwerdeführerin legte glaubhaft dar, dass sie wegen eines Krankenbesuchs in D. vom 8. bis und mit

17. März 2013 abwesend war (act. G 1 Ziff. 6 mit Hinweis auf act. G 1.2 und G 1.3) und ausserdem im Monat Juli 2013 Ferien bezogen hat (vgl. act. G 1 Ziff. 7 mit Hinweis auf die Verbuchung von Feriengeld im Lohnkonto). Es erscheint im vorliegenden Zusammenhang angezeigt, den Ferienanspruch bei denjenigen Monaten anzurechnen, in denen die Ferien tatsächlich bezogen wurden (vgl. analoge Anwendung von BGE 125 V 42). Entsprechend ist es gerechtfertigt, 50 Ferienstunden auf den Monat März 2013 und 106.6 Ferienstunden auf den Monat Juli 2013 zu verteilen.

3.5 Demnach ergibt sich folgendes Beschäftigungsausmass:

4.

    1. Zusammenfassend nehmen sich die Schwankungen abgesehen vom Monat August 2013 innerhalb einer Bandbreite von deutlich weniger als 20% aus. Beim Monat August 2013 ist zu berücksichtigen, dass die gearbeiteten 126 Stunden auf drei Wochen entfallen, nachdem die Beschwerdeführerin gemäss Mitteilung vom 23. August 2013 ab sofort nicht mehr abgerufen wurde. Werden die geleisteten Arbeitsstunden auf vier Wochen hochgerechnet, was 168 Stunden entspricht, so liegt dieser Wert annähernd beim Monatsdurchschnitt von 169.7 Stunden. Bei den in der zwölfmonatigen Beobachtungsperiode gesamthaft nicht ausgeprägten Beschäftigungsschwankungen kann der Beschwerdeführerin nicht entgegen gehalten werden, sie habe derart unregelmässige Einsätze geleistet, dass eine normale Arbeitszeit, die Ausgangspunkt für die Ermittlung des anrechenbaren Arbeitsausfalls bildet, nicht berechnet werden könne. Vielmehr arbeitete die Beschwerdeführerin in einem relativ konstanten Pensum, das im Sinne der zitierten bundesgerichtlichen Rechtsprechung als normale Arbeitszeit gilt.

    2. Im Weiteren stellt sich die Frage, ob der grundsätzlich anrechenbare Arbeitsausfall auch einen entsprechenden Verdienstausfall zur Folge hat. In diesem Zusammenhang bleibt offen, ob der Beschwerdeführerin gegenüber der ehemaligen Arbeitgeberin Lohnfortzahlungsansprüche ab dem 26. August 2013 zustehen, sei es im Rahmen eines Annahmeverzugs der Arbeitgeberin (Art. 324 OR) als Kündigungslohn für die auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses auf Abruf zu beachtende gesetzliche Mindestkündigungsfrist (BGE 125 III 68). Da die Verdienstansprüche der Beschwerdeführerin nicht klar feststehen bzw. zweifelhaft sind, ist die Beschwerdegegnerin, soweit die Beschwerdeführerin die übrigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung erfüllt, verpflichtet, Taggeldleistungen im Rahmen von Art. 29 AVIG auszurichten. Nach dieser Bestimmung hat die Arbeitslosenkasse bei Bestehen von begründeten Zweifeln darüber, ob der versicherten Person für die Zeit des Arbeitsausfalls gegenüber der bisherigen Arbeitgeberin Lohnoder Entschädigungsansprüche zustehen, Arbeits losenentschädigung auszuzahlen. Die Ansprüche gegenüber der ehemaligen Arbeit geberin gehen im Umfang der gezahlten Leistungen auf die Kasse über und diese hat die Ansprüche geltend zu machen, wobei eine Verpflichtung der versicherten Person

      besteht, die Arbeitslosenkasse bei der Durchsetzung der Ansprüche zu unterstützen (vgl. AVIG-Praxis ALE, C 198 ff.; vgl. auch B 98 f.).

    3. Die Beschwerdegegnerin wird nun im Sinne der vorstehenden Erwägungen für die hier zur Diskussion stehende Zeit vom 26. August bis 30. November 2013 den Arbeitsausfall zu berechnen und über den Anspruch der Beschwerdeführerin erneut zu befinden haben.

5.

    1. Die Beschwerdegegnerin wies im angefochtenen Einspracheentscheid auch das Gesuch der Beschwerdeführerin um unentgeltliche Verbeiständung im Verwaltungsverfahren ab. Sie begründete dies einerseits durch Verneinung der Notwendigkeit der Rechtsvertretung und andererseits durch Bejahung der Aussichtslosigkeit.

    2. Hinsichtlich der sachlichen Gebotenheit der unentgeltlichen anwaltlichen Ver beiständung sind die Umstände des Einzelfalls, die Eigenheiten der anwendbaren Verfahrensvorschriften sowie die Besonderheiten des jeweiligen Verfahrens zu berücksichtigen. Dabei fallen neben der Komplexität der Rechtsfragen und der Unübersichtlichkeit des Sachverhalts auch in der Person des Betroffenen liegende Gründe in Betracht, wie etwa seine Fähigkeit, sich im Verfahren zurechtzufinden. Falls ein besonders starker Eingriff in die Rechtsstellung des Bedürftigen droht, ist die Rechtsverbeiständung grundsätzlich geboten, andernfalls bloss, wenn zur relativen Schwere des Falls besondere tatsächliche rechtliche Schwierigkeiten hinzukommen, denen die gesuchstellende Person auf sich alleine gestellt nicht gewachsen ist (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts [EVG: seit 1. Januar 2007: sozialrechtliche Abteilungen des Bundesgerichts] vom 29. September 2005, I 369/2005, E. 2.2). Die sachliche Notwendigkeit wird nicht allein dadurch ausgeschlossen, dass das in Frage stehende Verfahren von der Offizialmaxime dem Untersuchungsgrundsatz beherrscht wird, die Behörde also gehalten ist, für die Ermittlung des rechtserheblichen Sachverhalts besorgt zu sein. Abgesehen davon, dass die Offizialmaxime allfällige Fehlleistungen der Behörde nicht zu verhindern vermag, ist zu bedenken, dass sie nicht unbegrenzt ist. Sie entbindet die Beteiligten

      nicht davon, durch Hinweise zum Sachverhalt Bezeichnung von Beweisen am Verfahren mitzuwirken (BGE 130 I 183f. E. 3.2 und 3.3 mit Hinweisen).

    3. Gestützt auf obige Ausführungen ist festzuhalten, dass auf Grund des speziellen Arbeitsverhältnisses auf Abruf sowie der spezifischen rechtlichen Bestimmungen dazu tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten bestehen, die das vorliegend strittige Einspracheverfahren vom "normalen" Durchschnittsfall" unterscheidet und eine anwaltliche Rechtsverbeiständung erforderlich machten. Es konnte von der Beschwerdeführerin nicht erwartet werden, sich ob der Komplexität der vorliegenden Rechtsfragen selber gebührend zu vertreten.

    4. Im Weiteren ergibt sich die Voraussetzung der Nichtaussichtslosigkeit auf Grund der Aktenlage. Demgegenüber ist die Voraussetzung der finanziellen Bedürftigkeit der Beschwerdeführerin aus den Akten nicht ersichtlich. Die Angelegenheit ist daher an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen, damit sie diese Frage noch prüfen und die erforderlichen Unterlagen einholen kann; anschliessend wird sie das Gesuch um unentgeltliche Rechtsverbeiständung im Verwaltungsverfahren noch einmal zu beurteilen haben.

6.

    1. Nach dem Gesagten ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen, und der angefochtene Einspracheentscheid vom 27. November 2013 ist aufzuheben. Die Streitsache ist sodann zur weiteren Abklärung im Sinne der Erwägungen sowie zur neuen Verfügung an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen.

    2. Gerichtskosten sind keine zu erheben (Art. 61 lit. a ATSG). Hingegen hat die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin Anspruch auf Ersatz der Parteikosten. Diese werden vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen (Art. 61 lit. g ATSG). Der Vertreter der Beschwerdeführerin verzichtete auf das Einreichen einer Kostennote. In der vorliegend zu beurteilenden Angelegenheit erscheint mit Blick auf den Aufwand und auf vergleichbare Fälle eine pauschale Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- (einschliesslich Barauslagen und Mehrwertsteuer)

angemessen. Damit erübrigt sich die Festsetzung eines Entschädigungsanspruchs im Rahmen der unentgeltlichen Rechtsverbeiständung für das Beschwerdeverfahren.

Demgemäss hat das Versicherungsgericht im Zirkulationsverfahren gemäss Art. 39 VRP entschieden:

1. In teilweiser Gutheissung der Beschwerde wird der Einspracheentscheid vom

27. November 2013 aufgehoben, und die Streitsache wird zur ergänzenden Abklärung im Sinne der Erwägungen sowie zur neuen Verfügung an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen.

  1. Es werden keine Gerichtskosten erhoben.

  2. Die Beschwerdegegnerin bezahlt der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung von Fr. 3'000.-- (inkl. Barauslagen und Mehrwertsteuer)

Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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